Die Hochschulambulanz für Psychotherapie und neuropsychologische Therapie bietet gemeinsam mit der Poliklinischen Institutsambulanz für Psychotherapie schwerpunktmäßig die Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung nach Dialektisch-Behavioraler Therapie (DBT) an. Für weitere Informationen klicken Sie bitte jeweils die untenstehenden Punkte an.
Emotionale Instabilität und innere Leere
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung wird auch emotional-instabile Persönlichkeitsstörung genannt. Wie es der Name schon sagt, sind oft ausgeprägte Gefühlsschwankungen das Hauptmerkmal. Im Gegensatz zu den starken Gefühlen beschreiben viele Betroffene zusätzlich Zustände der inneren Leere, die sie schon viele Jahre kennen.
Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen / Wut und Wutanfälle
Die intensiven, schwankenden Gefühle führen häufig in zwischenmenschlichen Beziehungen zu Problemen. So gibt es oft ein Auf und Ab in Beziehungen, wechselhafte Beziehungen, häufige Beziehungsabbrüche und gleichzeitig eine starke Angst vor dem Verlassenwerden und dem Alleinsein. Zusätzlich führen intensiv erlebte Reizbarkeit, Wut und Wutanfälle teils mit verbaler und / oder körperlicher Aggression häufig zu wiederholten Konflikten.
Impulsives Verhalten
Starke Gefühle und die starke innere Anspannung führen bei den Betroffenen zu impulsivem Problemverhalten, welches kurzfristig als Entlastung erlebt wird, langfristig allerdings schädlich ist, da es Krisen verstärkt, günstigere Problemlösemöglichkeiten verhindert und so die Probleme aufrechterhält. Als Problemverhaltensweisen treten bei Borderline-Betroffenen z.B. der Missbrauch von Substanzen (Alkohol, Drogen, Medikamente) auf, es kommt zu Hochrisikoverhalten (schnelles Autofahren, sich in gefährliche Situationen begeben), impulsivem Einkaufen, promiskuitivem Sexualverhalten oder Essanfällen.
Suizidales Verhalten / Selbstverletzendes Verhalten
Auch kommt es teilweise in Krisensituationen, bei starker Anspannung oder innerer Leere zu selbstverletzendem Verhalten (Schneiden, Ritzen, Schlagen, Verbrennen, Nägelkauen, Kratzen ...) und suizidalen Verhaltensweisen (Suizidversuche oder -androhungen).
Unsicherheit im Selbstbild / in der Selbstwahrnehmung / in Zielen
Zudem berichten Betroffene häufig von einer ausgeprägten Unsicherheit über und extreme Schwankungen in der Einschätzung wer sie sind, was sie gerade fühlen und wahrnehmen und was ihre Ziele (beruflich, privat ...) sind.
Dissoziative / Paranoide Symptome
Immer wieder wird auch von vorrübergehenden dissoziativen oder paranoiden Symptomen berichtet, d.h., dass Betroffene das Gefühl haben, entfernt von der Wirklichkeit zu sein (neben sich stehen, sich von außen betrachten, nicht mehr ansprechbar zu sein), oder dass sie sich durch andere sehr leicht angegriffen oder verfolgt fühlen und dementsprechend sehr misstrauisch auf andere reagieren.
Der seit 2009 bestehende Borderline-Schwerpunkt der Poliklinischen Institutsambulanz und Hochschulambulanz orientiert sich am Behandlungskonzept der Dialektisch-Behavioralen Therapie (DBT). Sie ist ein therapeutisches Angebot, das speziell für Personen mit einer emotional-instabilen bzw. Borderline-Persönlichkeitsstörung entwickelt wurde. Die Wirksamkeit der DBT in der Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung wurde in vielen klinischen Studien belegt und wird somit als Therapieform in der neuen S3-Leitlinie empfohlen. Auch die Behandlung in unserem Borderline-Schwerpunkt hat sich als effektiv gezeigt.
Die DBT besteht im Wesentlichen aus vier Therapiebausteinen, die von den Therapeut_innen unserer Ambulanz im Team gemeinsam umgesetzt werden:
Die regelmäßige und aktive Teilnahme an den wöchentlichen Einzel- und Skillsgruppensitzungen ist dabei die Grundlage für den Therapieerfolg.
Die Behandlung durch die Einzeltherapeut_innen beginnt nach einer ersten Sprechstunde (in der Regel durch die Schwerpunktleitung Dr. Katrin Zoubek) mit ein bis zwei weiteren Sprechstunden und vier probatorischen Sitzungen. Wichtig ist hier neben der Diagnostik (u.a. klinische Interviews und Fragebogenerhebungen), Informationserhebung und dem Kontakt zu Vor- und Mitbehandler_innen besonders die eingehende Klärung der Therapiemotivation / des Commitments, denn die DBT-Behandlung erfordert eine aktive Mitarbeit der Betroffenen, die Bereitschaft, verbindlich wöchentlich sowohl an Einzeltherapie- als auch an Skillsgruppenterminen teilzunehmen und für beides dauerhaft Hausaufgaben / Übungen zu erledigen.
Der_die Einzeltherapeut_in schließt zu Therapiebeginn einen DBT-Behandlungsvertrag mit dem_r Patient_in ab, in dem die verbindliche Teilnahme an der Skillsgruppe und auch weitere Absprachen festgehalten sind. Erst nach der Beantragung einer Langzeittherapie bei der Krankenkasse mit 30 Einzel- und 30 Skillsgruppensitzungen beginnt die eigentliche Einzeltherapie und Patient_innen können in die Skillsgruppe einsteigen.
Für die Einzelsitzungen gibt es für alle Patient_innen dauerhaft die Aufgabe, sich selbst mit einer Tagebuchkarte (Diary Card), täglich bezogen auf relevante positive und negative Ereignisse, in Hinblick auf das Problemverhalten, die angewendeten Skills und weitere Aspekte zu beobachten. Bei festgelegten Problemverhaltensweisen wird in der Sitzung oder in Eigenregie des_r Patient_in vor der Sitzung zu den Problemsituationen eine Verhaltens- / Kettenanalyse durchgeführt und im Rahmen der Lösungsanalyse alternative Lösungen / Skills erarbeitet.
Die Skills (Fertigkeiten zur Emotionsregulation) aus den verschiedenen Modulen werden parallel in der Skillsgruppe systematisch vermittelt, damit sie in der Einzeltherapie für jede_n Patient_in individualisiert und auf individuelle Problemsituationen / Gefühle angepasst und vertieft werden können.
Das Vorgehen in der DBT-Einzeltherapie orientiert sich an einer festgelegten DBT-Behandlungshierarchie, nach der schwerwiegendes Problemverhalten, wie z.B. suizidales Verhalten, schwere Selbstverletzung, Konsumrückfälle etc. oder aber auch therapiezerstörendes oder therapieschädigendes Verhalten, vorrangig besprochen wird.
Neben dem Führen der Tagebuchkarte werden weitere Hausaufgaben sowie Skills am Ende der Sitzung gemeinsam vereinbart, die bis zur nächsten Woche gemacht bzw. eingeübt und durchgeführt werden sollen.
Der_die DBT-Einzeltherapeut_in ist für ihre Patient_innen telefonisch zum Telefoncoaching zu vereinbarten Zeiten zwischen den Sitzungen erreichbar. Das Coaching am Telefon dient primär der Unterstützung der Patient_innen beim Skillen in akuten Notfall- und Krisensituationen. Es handelt sich hier nicht um Therapie am Telefon, sondern um kurze, lösungsorientierte Gespräche von wenigen Minuten, um akute Krisen ohne Problemverhalten zu bewältigen.
Unsere Skillsgruppen sind Gruppentrainings zur Vermittlung der Skills für die Patient_innen, die sich im Borderline-Schwerpunkt der Poliklinischen Institutsambulanz und Hochschulambulanz in Behandlung befinden. Das Skillstraining (orientiert an Bohus & Wolf-Arehult, 2013) hat den Charakter eines Workshops / Kurses. Zum besseren Transfer des Gelernten in den Alltag werden auch hier nach jeder Sitzung Hausaufgaben vereinbart, welche zu Beginn der nächsten Stunde besprochen werden. Zentrales Ziel des Skillstrainings ist es, Skills = Fertigkeiten zu erlernen und / oder deren Anwendung zu verbessern, damit Betroffene Verhaltens-, Gefühls- und Denkmuster verändern können, die zu Schwierigkeiten und seelischen Belastungen in ihrem Leben führen.
Es werden Skills aus den 5 DBT-Modulen vermittelt:
- Innere Achtsamkeit
- Stresstoleranz
- Umgang mit Gefühlen
- Zwischenmenschliche Fertigkeiten
- Selbstwert
Der Ablauf des Skillstrainings erfolgt nach der festgelegten Reihenfolge der Module. Der Einstieg neuer Patient_innen in das Skillstraining erfolgt jeweils zum sich wiederholenden Modul Achtsamkeit (zwei bis drei Sitzungen). Die weiteren Module folgen (jeweils drei bis sieben Sitzungen), wobei nach jedem Modul die Achtsamkeit als Basis aller Skills wiederholt wird.
Das Skillstraining umfasst insgesamt 32 Sitzungen à 100 Minuten (Doppelstunde), findet einmal pro Woche statt und erstreckt sich über einen Zeitraum von ca. einem Dreivierteljahr. Die Gruppe von max. acht bis neun Patient_innen wird von zwei Skillstrainer_innen und evtl. einem_r Praktikant_in geleitet. In unserer Ambulanz existieren zwei dauerhaft, parallel laufende Skillsgruppen, welche dienstags von 16:30 bis 18:10 Uhr oder von 18:00 bis 19:40 Uhr stattfinden.
Nach dem DBT-Konzept erfolgt die Behandlung unserer Patient_innen in einem Behandlungsteam bestehend aus dem_r Einzeltherapeut_in, den Skillstrainer_innen, dem_r Supervisor_in und der Schwerpunktleitung, die miteinander durch schriftliche Rückmeldungen, regelmäßige Supervision und Schwerpunkttreffen in engem Austausch stehen.
Aneignung, Umsetzung und Weitergabe von Neuerungen in der DBT-Behandlung sind durch Fortbildungen, DBT-Netzwerktreffen und die Weitergabe von Informationen in den Schwerpunkttreffen und Weiterbildungsseminaren gewährleistet.
Zusätzlich wird, wenn notwendig, eine enge Zusammenarbeit mit den mitbehandelnden Ärzten, komplementären Diensten (Sucht- / Beratungsstellen, Soziotherapie, Betreuung, Jugendamt, berufliche Rehabilitationseinrichtungen ...), Kliniken und ambulanten Vorbehandler_innen angestrebt.
Zudem besteht eine gute Vernetzung mit mehreren Kooperationskliniken im Rhein-Main-Gebiet, ambulanten DBT-Therapeut_innen, den DBT-Netzwerken Darmstadt und Wiesbaden und dem Dachverband DBT.
Durch die derzeit in Deutschland einzigartige Implementierung des DBT-Konzeptes in einer Hochschulambulanz für Psychotherapie können wir durch das Angebot von ambulanten DBT-Therapieplätzen zu einer Verbesserung der angespannten Versorgungssituation von Patient_innen mit Borderline-Störungen in der Region beitragen. Zudem können Ausbildungstherapeut_innen das DBT-Konzept unter Supervision kennenlernen und optional Bausteine für das DBT-Curriculum mit dem Ziel der Zertifizierung als DBT-Therapeut_in absolvieren. Hierdurch soll langfristig die Kompetenz und Bereitschaft zukünftiger ambulanter Psychotherapeut_innen zur qualifizierten Behandlung von Borderline-Patient_innen verbessert werden.
Der Borderline-Schwerpunkt der Poliklinischen Institutsambulanz wird seit 2012 von Dr. Katrin Zoubek geleitet. Im Schwerpunkt arbeiten ca. 15 bis 20 Psychotherapeut_innen in fortgeschrittener Ausbildung sowie einige approbierte Psychotherapeut_innen. Viele der Therapeut_innen absolvieren zusätzlich das DBT-Curriculum, um die Zertifizierung als DBT-Therapeut_in zu erlangen. Eine Mitarbeiter_in des Sekretariates unterstützt den Schwerpunkt in organisatorischen Belangen. Praktikant_innen haben die Möglichkeit, die Skillstrainer_innen bei der Durchführung der Skillstrainings zu unterstützen. Die Therapeut_innen in Ausbildung werden engmaschig von drei DBT-zertifizierten Supervisor_innen supervidiert.
Aufgrund der starken Nachfrage nach ambulanten DBT-Behandlungsplätzen sind wir gezwungen, eine Warteliste zu führen, die leider immer wieder aufgrund ihrer Länge geschlossen werden muss. Interessierte können sich telefonisch im Sekretariat der Poliklinische Institutsambulanz (06131-39 39 100) erkundigen, ob es aktuell möglich ist, sich auf die Warteliste des Borderline-Schwerpunktes setzen zu lassen.